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Wahlkampfthema ‚Deutsche Sprache‘ in der Europawahl 2014: Stolz & Vorurteil in der Politik

Deutsche Sprache in der Europawahl 2014

Am Sonntag wird in der EU gewählt. Oder vielmehr gegen die EU. Die Parteien machen Stimmung mit Olivenölkännchen- und Toilettenspülverordnungen; wovon erstere letztlich nicht verabschiedet wurde und zweitere keine Verordnung, sondern lediglich eine Empfehlung ist. Und da derartige Stimmungsmacher offensichtlich nicht genügen, muss auch die deutsche Sprache herhalten – ein Thema, bei dem alle mitreden wollen. Als Experte versteht sich. Wie ein Fußballfan, der sich selbst für besser als Ribéry, Neymar oder Ronaldo hält. Und genau so brisant wie Fußball ist die deutsche Sprache auch – ein Gemeingut eben.

Dass sich die AfD also für Deutsch als „Verhandlungs- und Verfahrenssprache“ ausspricht und zwar „als Ausdruck des Gewichts Deutschlands in der EU“, verwundert mich nicht (siehe: Deutsche Sprachwelt: Europawahl 2014). Bescheidenheit, Miteinander und Kooperation werden in der AfD sehr groß geschrieben. Nicht.

Doch dass auch die CDU, CSU und sogar die SPD nachziehen! Schon sehen sie ihre Felle davonschwimmen, schon wird mit simplem Populismus versucht, Wählerstimmen einzufangen. Während die CDU und die CSU die Prämisse, Deutsch zu stärken, bereits in ihrem Wahlprogramm verankert haben, gleicht die SPD einmal wieder einem Fähnlein im Wind: Auf Anfragen der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt betonen nun auch sie, dass die deutsche Sprache wichtiger werden muss: „Die Bedeutung der deutschen Sprache muss in den Institutionen der Europäischen Union stärker zur Geltung kommen.“

Hat die SPD etwa vor, ein paar nationalstolze Wähler der AfD abtrünnig zu machen? Ist die Verzweiflung ob des Stimmungsbildes in der EU so groß? Oder ist es ein mangelndes Selbstbewusstsein von Martin Schulz, wenn er beklagt: „Die augenfällige Arroganz dieser Eliten gegenüber nicht englisch- oder französischsprechenden Parlamentariern, läßt mich seit Jahren für die Sprachenvielfalt innerhalb der Europäischen Institutionen eintreten“ (siehe: Deutsche Sprachwelt: Interview mit Martin Schulz). Das Interview ist zehn Jahre alt, man kann also nur inständig hoffen, dass Herr Schulz‘ Ego darüber hinweggekommen ist. Aber anscheinend ja nicht.

Was wir brauchen in der EU ist ein Miteinander und keine Ich-bin-beleidigt-weil-ich-nicht-den-Respekt-erhalte-den-ich-doch-so-verdiene-Einstellung. Klar können wir Deutschen ebenso wie die Franzosen darauf pochen, dass unsere Muttersprache auf EU-Ebene eine wichtigere Position einnimmt. Und klar können wir uns noch ein Stück weit unsympathischer machen. Einer effektiveren Kommunikation und einem besseren Miteinander dient das aber nicht. Und dass in einem Wahlkampf, der eigentlich für die europäische Gemeinschaft da ist, mittlerweile sogar die großen Parteien Stimmungshetze gegen Europa machen, lässt bei mir ein ziemlich ungutes Gefühl zurück.

 

Bild: © Jipé – Fotolia.com

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Aufgewachsen in einer bayerischen Kleinstadt, in der (leider) wenig Bairisch gesprochen wird, nahe der Weißwursthauptstadt München entdeckte ich während meines Lehramtsstudiums die Linguistik für mich. Das Lehramtsstudium gibt es jetzt nicht mehr, die Linguistik ist geblieben. Im Sommer 2013 habe ich meinen Magister in der Linguistik, in DaF und der Lateinischen Philologie abgeschlossen und arbeite seither in der Onlinebranche. Der Blog und damit auch die Linguistik sollen bleiben. Weitere Infos über mich findet man auf Google+ und Twitter.

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