Seit 1996 mit der deutschen Rechtschreibreform schreibt man Substantiv-Verb-Verbindungen in der Regel auseinander, wie beispielsweise Rad fahren. Warum ist dann aber *Kopf stehen laut Duden falsch? Es gibt bestimmte Ausnahmen, die in diesem Fall greifen.
Ist nämlich die ursprüngliche Bedeutung des Substantivs in der Verbindung mit dem Verb verblasst, hat also die selbstständige Wortbedeutung innerhalb der Verbindung verloren, so wird die Substantiv-Verb-Verbindung zusammen geschrieben. Das Substantiv wechselte also (nur) in dieser spezifischen Verbindung im Laufe der Zeit in eine andere Wortkategorie und wird nicht mehr als Substantiv angesehen.
Beispiele hierfür sind eislaufen, heimfahren, leidtun, standhalten, teilhaben, preisgeben, wettmachen. Dennoch werden auch diese Verben getrennt, wenn sie nämlich konjugiert werden. Dabei wird jedoch das ehemalige Substantiv, das ja keines mehr ist, klein geschrieben:
a) Ich laufe eis.
b) Ich nehme teil.
c) Ich stehe kopf.
Warum mal getrennt und mal zusammen?
Warum ist die Unterscheidung, wann man Substantiv-Verb-Verbindungen zusammen oder auseinander schreibt so diffus? Und warum ist sie primär eine semantische Unterscheidung?
Dass Wörter im Laufe der Zeit Wortkategorien wechseln, ist ganz normal. Häufig werden Substantive zu Affixen, wie beispielsweise -heit in Einheit, Schönheit oder Gesundheit. -heit war ursprünglich mal ein Substantiv und hieß in etwa „Art und Weise“. Erst im Laufe der Zeit und vor allem, da das ehemalige Substantiv reihenhaft mit anderen Wörtern kombiniert wurde, verlor es seinen Status als Substantiv. Das können wir aktuell an -werk beobachten, wie in Buschwerk, Handwerk, Bauwerk usw. Es ist in der Kombination nicht mehr wirklich Substantiv, aber auch noch nicht Affix, denn es existiert noch das Substantiv Werk. Aber die Bedeutung des Substantives Werk ist verblasst. Es befindet sich momentan in einem Zwischenstadium. Einige Linguisten definieren Wörter mit diesem Status , also zwischen ursprünglicher Kategorie und Affix, als Affixoide. Um jedoch ebendiese Grauzone herauszufinden, bedarf es weniger syntaktischer oder morphologischer Mittel, sondern vielmehr semantischer. Und auch in unserem konkreten Beispiel existiert ja tatsächlich das Nomen Kopf, doch meint kopfstehen weniger tatsächlich auf dem Kopf stehen, sondern vielmehr verwirrt bzw. überrascht zu sein.
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